ConSIMium 2025

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Erfahrungsbericht ConSIMium 2025 – Die EU-Entscheidungsfindung hautnah erleben

Ein Bericht von Theresa Ebert und Hendrik Harms

Vier Tage in Brüssel, zwei Tage intensive Verhandlungen und unzählige diplomatische Gespräche – im Rahmen des ConSIMiums 2025 durften wir als Teil der deutschen Delegation erfahren, wie es sich anfühlt, an einem wichtigen EU-Entscheidungsprozess teilzuhaben und mitzuwirken.

Im Vorfeld der Simulationsübung des Rates wurden wir in verschiedenen Training-Sessions zur EU-Gesetzgebung und den spezifischen Rollen, die wir einnehmen sollten, gebrieft. Wenige Wochen vor unserer Ankunft in Brüssel erhielten wir dann die beiden Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission, um welche sich die Simulation drehte. Einerseits war das der European Defence Industry Reinforcement through Common Procurement Act (EDIRPA), der das Ziel einer Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung verfolgt, und andererseits der Critical Raw Materials Act (CRMA), welcher sich der Sicherstellung eines stabilen und autonomen Rohstoffzugangs widmet. Unsere Aufgabe sollte es sein, beide Gesetzesvorschläge zu verhandeln und tragfähige Kompromisse zu schließen, ohne dabei unsere nationale Position aus den Augen zu verlieren.

Wirklich greifbar wurde diese Herausforderung allerdings erst am Vorabend der Simulation: Wir als deutsche Delegation, bestehend aus sechs Studierenden aus ganz Deutschland, trafen erstmals persönlich im Büro des DAAD zusammen. Unsere fachlich breit aufgestellte Delegation setzte sich aus Karla Greiner-Bär als Bundeskanzlerin, Helene Kammerl als Botschafterin, Emil Sparmann als Minister, Tim Wenzel als Journalist, Theresa Ebert und Hendrik Harms als National Experts zusammen. Nachdem wir von Verena Holzapfel, unserer nationalen Koordinatorin, und Michael Hörig, dem Leiter des DAAD-Büros in Brüssel, begrüßt wurden, stand ein informelles Meeting mit Frank Petrikowski von der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der EU auf der Agenda. Beim gemeinsamen Pizza-Essen sprach er mit uns über die aktuellen Herausforderungen der europäischen Politik und gab uns einige Tipps für die anstehenden Verhandlungen. Hier wurde schnell klar, dass die Themen, die wir in den kommenden Tagen verhandeln würden, keine theoretischen Gedankenspiele sind, sondern hochaktuelle Fragen in der derzeitigen weltpolitischen Lage darstellen.

Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf begann der erste Simulationstag. Nach einer kurzen Nacht und dem obligatorischen Sicherheitscheck fanden wir uns im Justus-Lipsius-Gebäude, dem Sitz des Rates der EU, ein. Im Anschluss an die offizielle Eröffnung des ConSIMiums trennten sich die Wege der deutschen Delegation, denn nun galt es, sich in unseren jeweiligen Rollen zu behaupten. Während sich unser Journalist in den Pressebereich begab, schritt unsere Kanzlerin in Begleitung unserer Botschafterin über den roten Teppich und gab eine erste Doorstep-Declaration ab, bevor sie dann mit den führenden Köpfen der anderen Staaten politische Grundsatzfragen klärte. Parallel begann für den Minister und die nationalen Expert:innen die erste Verhandlungsrunde mit den Vertreter:innen der anderen Staaten. Schnell wurden im Austausch über Standpunkte, nationale Interessen und strategische Prioritäten Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen den deutschen Positionen und denen unserer europäischen Partnerländer deutlich.

Mit den Sitzungen der Working Parties, in denen die Gesetzesvorschläge im Detail diskutiert wurden, ging es in die nächste Verhandlungsphase. Die Diskussionen waren intensiv, und es war spannend zu erleben, wie schnell sich Dynamiken entwickelten. Nach zweieinhalb Stunden standen die ersten Anpassungen und Ergänzungen in der Gesetzesinitiative fest, und die Delegationen verließen nach und nach das Ratsgebäude.

Der Tag endete jedoch nicht mit dem offiziellen Sitzungsende. Beim gemeinsamen Abendessen reflektierten wir den Verhandlungstag und entwickelten Strategien für den nächsten Morgen. Neben der inhaltlichen Arbeit gab es natürlich auch Raum für den persönlichen Austausch – nicht nur innerhalb der deutschen Delegation, sondern auch mit den Teilnehmenden aus anderen Ländern. Spontane Gespräche mit der österreichischen Delegation bei einem Feierabendbier in der Brüsseler Innenstadt machten einmal mehr deutlich, dass auch jenseits der formellen Verhandlungsrunden Beziehungen aufgebaut und Meinungen ausgetauscht werden.

Am zweiten Tag widmeten wir uns der nächsten Verhandlungsstufe: der Coreper-Sitzung, in der die Botschafter:innen, unterstützt durch die nationalen Expert:innen, letzte Anpassungen an den Gesetzestexten vornahmen. Hier wurde nochmals intensiv über den CRMA diskutiert, wobei einige offene Detailfragen die Verhandlungen ins Stocken brachten. Am Ende entschied die polnische Ratsvorsitzende, dass der CRMA aufgrund offener Detailfragen zurück in die Working Parties verwiesen wird. Für EDIRPA jedoch ging es am Nachmittag in die entscheidende Ministerrunde, in der die 27 Mitgliedstaaten über die finale Fassung zu entscheiden hatten. Nach einer letzten intensiven Diskussion wurde das Gesetz schlussendlich vom Rat angenommen. Die Freude war groß, immerhin hatten wir es geschafft, erfolgreich durch diesen anspruchsvollen Einigungsprozess zu manövrieren.

Rückblickend auf diese intensiven Tage bot uns das ConSIMium die einzigartige Chance, hautnah zu erleben, wie komplex, aber dennoch zielgerichtet die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene abläuft. Die Nächte waren kurz, die Verhandlungen lang und die Erfahrung auf fachlicher wie auf persönlicher Ebene einmalig. Ein ganz großes Dankeschön möchten wir dem DAAD, insbesondere unserer Koordinatorin Verena, sowie dem Rat für die Organisation aussprechen. Diese vielfältigen Eindrücke werden uns noch lange in Erinnerung bleiben!

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